Gremium prüft 191 Werbemaßnahmen: Was macht der Hund in der Waschtrommel?

Gremium prüft 191 Werbemaßnahmen: Was macht der Hund in der Waschtrommel?

BERLIN, 15. September 2011 (dw) - Kinder lassen sich auf ihrer Welterkundung anregen. Bilderbücher sind die ersten Fenster zu den Dingen der Menschen. Werbeprospekte auch? Eine große Warenhauskette warb in einer breit gestreuten Zeitungsbeilage für eine Waschmaschine mit den Worten "Saubere Leistung". Aus der Trommel des Geräts schaute ein kleiner, überwiegend weiß gezeichneter Hund heraus, mitten auf weißer, offenkundig gewaschener Wäsche. "Gefährdeter Tierschutz und Nachahmungsgefahr für Kinder", protestierten besorgte Verbraucher beim Deutschen Werberat in Berlin, berichtet die Beschwerdestelle in Sachen Werbung der Wirtschaft in ihrem Bericht für das erste Halbjahr 2011.

Entscheiden musste das Gremium über den Hund in der Waschtrommel nicht: Die Warenhauskette nahm das Bildmotiv entschuldigend aus der Öffentlichkeit, nachdem der Werberat das Unternehmen über die Gründe der Proteste informiert hatte.

Insgesamt lagen im ersten Halbjahr 281 einzelne Beschwerden zu 191 Werbesujets auf dem Tisch des Werberats. Von diesen Kampagnen waren 77 Fälle auszusortieren, weil es sich beispielsweise nicht um Wirtschaftswerbung handelte oder die Sache wegen eines vermuteten Rechtsverstoßes an zuständige Stellen weiterzuleiten war.
 

Bilanz Deutscher Werberat
 

Ein Urteil über die aus der Bevölkerung angegriffene Werbung bildete sich das Gremium zu 114 Spots, Anzeigen und Plakaten. Ein Drittel (39 Sujets) beanstandeten die 13 Werberatsmitglieder. Darauf stellten 31 Unternehmen die kritisierte Werbung ein und 5 änderten ihr attackiertes Werbesujet.

Rügen gegen drei rücksichtslose Firmen

Nur 3 Firmen hielten zunächst an ihrer beanstandeten Werbung fest, was der Werberat mit einer Öffentlichen Rüge in den Massenmedien ahndete:

  • Der TV-Sender NBC hatte mit einem blutrünstigen Plakat an Bushaltestellen geworben. Das Foto zeigte einen brutalen Überfall - ein Auto mit zerschossenem Seitenfenster von dem eine Blutspur zu einem offensichtlich leblos zusammengebrochenen Autofahrer führt. Text über diesem Bild "Andere haben Zuschauer. Wir haben Augenzeugen". Der Werberat war mit den Kinder- und Jugendschützern der Stadtverwaltung von Bad Homburg der Auffassung: Solche brutal-realistischen Fotos könnten verstörend auf Kinder wirken.
  • Eine weitere Rüge erteilte das Gremium dem Handelsunternehmen Manhattan Spirits GbR. Die Firma vertreibt unter anderem einen Likör unter dem Produktnamen "VÖGELN" und dem Propagandaspruch "Wenn sonst nichts geht...VÖGELN geht immer!!!". Die bewusste Doppeldeutigkeit verbinde den Konsum des Getränks mit sexuellem Erfolg. Dass sei aber ein Verstoß gegen die Werberegeln des Werberats, die von der Alkoholwirtschaft mitgetragen würden.
  • Ein ähnlicher Zusammenhang führte zur Rüge der Firma Trademark Company GmbH & Co. KG. Sie bewarb ihren "Partyschnaps" unter dem Namen "Ficken".

"Diskriminierung" als zentrales Beschwerdemotiv

Besonders empfindsam zeigen sich die Bundesbürger bei vermuteten diskriminierenden Elementen in der kommerziellen Werbung: In fast der Hälfte der kritisierten Kampagnen unterstellten die Beschwerdeführer Diskriminierung von Frauen (31 Prozent der Sujets), Männern (10 Prozent) und Personengruppen (9 Prozent).

So empörte sich ein Mann über die den TV-Spot einer Partnerbörse für Frauen im Internet: Eine Frau wählte dort durch einen visualisierten Cursor per Klick einen Partner aus einer Riege von Männern mit nackten Oberkörpern aus. Der Vorwurf: "Die extremste schlimmstmögliche Darstellung von Männern als Sex-Objekte".

Das sah der Werberat anders. Es fehlten erniedrigende Posen und Texte als diskriminierende Elemente.

Auffällig war auch, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres 'Verletzung religiöser Empfindungen' kein Thema der Beschwerdeführer war. Offensichtlich sind die Unternehmen bei ihrer Markt-Kommunikation dort besonders sensibilisiert.

Breite Streuung über kritisierte Branche

Markante Schwerpunkte der von Werbekritik betroffenen Branchen waren laut Werberat im ersten Jahreshalbjahr nicht erkennbar. Lediglich auf die Bereiche Kfz und -Zubehör sowie auf Unterhaltungselektronik entfielen zweistellige Fall-Zahlen von betroffenen Kampagnen, aber jeweils mit niedrigen 11 Vorgängen.

Im Fokus der Werbekritik lag das Massenmedium Fernsehen mit 27 Spots, an zweiter Stelle Plakate (22), gefolgt von Internet (18) und Anzeigen in Zeitungen (10).