Verstöße gegen den Werbekodex - Deutscher Werberat spricht vier Öffentliche Rügen aus
Verstöße gegen den Werbekodex - Deutscher Werberat spricht vier Öffentliche Rügen aus
BERLIN, 16. Januar 2019 (dwr) – Der Deutsche Werberat, Konfliktregler zwischen werbenden Unternehmen und umworbenen Bürgern, hat vier Unternehmen öffentlich gerügt, die sich mit ihren Werbemaßnahmen jenseits der Branchenkodizes der Werbewirtschaft bewegen. Für das Jahr 2018 wurden damit insgesamt 16 Öffentliche Rügen von der Selbstkontrolleinrichtung ausgesprochen. Die Durchsetzungsquote des Werberats lag im vergangenen Jahr erneut bei rund 90 Prozent.
- Als sexistisch und respektlos gegenüber Frauen hat der Werberat die Werbung des thüringischen Landkreises Schmalkalden-Meiningen beim Volleyballbundesligisten VfB 91 Suhl beanstandet. Der Sponsoring-Schriftzug „prachtregion.de“ verläuft auf den Trikothosen quer über das Gesäß der Spielerinnen. Die auf den körperbetonenden Hosen aufgebrachte Werbung lenke die Aufmerksamkeit bewusst auf das Gesäß der Spielerinnen als „Prachtregion“. Damit würden Frauen auf ihr Äußeres reduziert und eine Sexualisierung von Sportlerinnen begünstigt oder jedenfalls toleriert. Die für das Sponsoring verantwortliche Landrätin hatte gegenüber dem Werberat argumentiert, dass die Werbung humorvoll und witzig gemeint sei. Dies überzeugte das Gremium allerdings nicht. Andernfalls ließe sich jede Werbung damit rechtfertigen, dass der Werbungtreibende sie anders gemeint habe. Dabei betonte das Selbstkontrollgremium, dass grundsätzlich auch doppeldeutig gemeinte Werbetexte oder auch provokante Werbeaussagen zulässig sein können, solange die Werbung Personen nicht herabwürdigt oder diskriminiert. Gerade bei dieser speziellen Platzierung der Werbung auf den Hosen der Spielerinnen sei jedoch ein besonderes Augenmaß erforderlich. Darauf hätten auch Vertreter anderer Volleyball-Bundesligisten öffentlich hingewiesen und sich von dem Sponsoring des Landkreises distanziert.
- Auch die Fahrzeugwerbung der Spedition Daniel Hoffmann aus Drei Gleichen (Thüringen) kassierte eine Öffentliche Rüge: Die Abbildung der breitbeinig posierenden, knapp bekleideten Frau auf der Rückseite des Transporters ist aus Sicht des Werberats übermäßig sexualisiert: Der Fokus der Betrachter wird durch die obszöne Pose und die Kameraperspektive bewusst auf den Schritt der Frau gelenkt. Erschwerend komme hinzu, dass die Abbildung keinerlei sachlichen Zusammenhang zu dem beworbenen Angebot aufweist und sich andere Verkehrsteilnehmer der übergroßen Darstellung im Straßenverkehr kaum entziehen könnten.
- Nach intensiven Diskussionen mit der Reisch Fahrzeugbau GmbH aus dem bayerischen Ehekirchen-Hollenbach hatte das Unternehmen dem Deutschen Werberat zugesagt, künftig die vom Werberat als sexistisch beanstandete, großflächig an ihren Lkws angebrachte Werbung nicht mehr zu verwenden. Von vielen Beschwerdeführern war die Abbildung der knapp bekleideten Frau, die ihre Hot Pants hochzieht, um den Blick auf ein Herz-Tattoo mit der Aufschrift „Reisch“ freizulegen im Zusammenhang mit dem bayerischen Slogan „…damit hintn a wos scheens dro hängt“ als frauenherabwürdigend kritisiert worden. Da das Unternehmen allerdings nicht bereit ist, Fotos von den mit der Werbung versehenen Fahrzeugen aus seinem Facebook-Kanal zu entfernen, machte der Werberat seine Beanstandung jetzt öffentlich und rügte die Firma.
- Die sächsische Firma Innenausbau & Trockenausbau Sven Blaschke aus Oschatz nutzt für ihr Werbebanner ebenfalls ein spärlich bekleidetes weibliches Gesäß. Auch hier wird in erster Linie von den sexuellen Reizen des Models Gebrauch gemacht, weshalb der Werberat das Motiv als sexistisch beanstandete. Mit den Beschwerdeführern war das Gremium der Ansicht, dass auch der ebenfalls abgebildete Handwerkergürtel an dieser Einschätzung nichts ändert. Auch den Vorschlag des werbenden Unternehmens, die Werbung mit einem Zensurbalken über dem Gesäß der Frau zu entschärfen, hielt das Gremium für nicht ausreichend: Der Fokus würde auch dann auf dieses Körperteil gelenkt und Frauen so auf ihre sexuellen Reize reduziert.
Weil die Unternehmen ihre Werbung vorerst weiterhin einsetzen, ging der Werberat mit seinen Beanstandungen an die Öffentlichkeit und informierte zudem die Industrie- und Handelskammern - bzw. die Handwerkskammern vor Ort.
Hinweis
Die Angaben hinsichtlich der Gestaltung der jeweiligen Werbemaßnahme sowie des verantwortlichen Unternehmens beziehen sich auf den für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Zeitpunkt. Die aktuelle Gestaltung der Werbemaßnahme und das heute hierfür verantwortlich zeichnende Unternehmen können daher von den damaligen Gegebenheiten abweichen.
Kontakt: Katharina Jahn-Günther: werberat@werberat.de | 030/59 00 99-721